Wenn ich doch der Mörder bin gewesen, dann wolle Gott, soll mein Leichnam nie verwesen.
“Nie werdet Ihr mich bekommen!” Maria Leppin, eine Dienstmagd von Christian Friedrich von Kahlbutz, weinte bitterlich, denn sie wollte ihren liebsten, den Schäfer Pickert aus dem Nachbarort Bückwitz ehelichen. Wie auf dem Rittergut von Kahlbutz üblich, forderte er die jus primae noctis, das Recht der ersten Nacht, ein.
Noch am selben Abend traf von Kahlbutz an der Brücke am Bückwitzer See auf den Schäfer.
Ein Streit zwischen beiden entbrannte, denn Kahlbutz verlangte vom Schäfer, sein Weib zur Vernunft zu bringen, als Lehnsherr ist es sein Recht, die erste Nacht mit der Ehefrau zu verbringen.
Am nächsten Tag fand man den Schäfer erschlagen an der Brücke liegen.
Maria beschuldigte von Kahlbutz des Mordes an ihrem Liebsten und so kam es zum Gerichtsprozess, doch es fehlten die Zeugen und es kam zu einem reinen Indizienprozess.
Nun war es zu der Zeit üblich, dass Edelleute sich durch einen Schwur rein waschen konnten und von Kahlbutz schwor, “Wenn ich doch der Mörder bin gewesen, dann wolle Gott, soll mein Leichnam nie verwesen.“ und er wurde frei gesprochen.
Als von Kahlbutz 12 Jahre später, am 3. November 1702 starb, wurde er in einem Eichensarg in einer Gruft beigesetzt.
Man vergaß Ritter Kahlbutz. Und den Mord am Schäfer. Und die Leiche.
Im Jahre 1794 sollte die Kirche samt Gruft renoviert werden. Die Gruft wurde geöffnet und die Särge sollten in der Erde bestattet werden.
Zwei Leichen waren bereits nur noch Skelette doch die Leiche des Ritter Kahlbutz war nicht verwest.
Man erinnerte sich an den Schwur, den Kahlbutz vor mehr als einhundert Jahren geleistet hatte und behielt die Leiche im Sarg in einer Gruft und eben nicht beerdigt.
Es wurde davon ausgegangen, dass Kahlbutz noch immer umginge.
So begab es sich, dass dem Leichnam im Laufe der Jahre übel mitgespielt wurde.
Mal setzten Schulkinder die Leiche auf das Dach der Schule, dann legte man sie einer Braut ins Bett oder man wollte die Leiche kreuzigen.
Trotz all dem und viel mehr, nahm die Leiche keinen Schaden.
1806 soll ein französischer Offizier die Mumie aus dem Sarg genommen, ihn beschimpft und bespuckt und falsch herum in den Sarg zurückgelegt haben. Anschließend habe er ihn aufgefordert, falls er wirklich spuken sollte, solle er ihn um Mitternacht in seinem Quartier besuchen. Am nächsten Tag soll der Offizier tot in seinem Quartier gefunden worden sein, das Gesicht auf den Rücken gedreht.
Es gibt bis heute keine wissenschaftliche Erklärung, warum sein Leichnam nicht verwest.
Andererseits gibt es zahlreiche Erklärungsversuche, die sich jedoch allesamt widersprechen.
Mal ist es die Beschaffenheit der Erde, die eine Mumifizierung fördert. Doch muss diese Erde sich genau auf die zwei Quadratmeter vom Grab Kahlbutz beziehen, denn zwei weitere Leichen, welche direkt in den Gräbern nebenan lagen, waren vollends verwest. Abgesehen davon, war Kahlbutz ja überhaupt nicht beerdigt.
Eine andere Erklärung war die Bauart der Gruft, die so stark belüftet war, dass die Leiche austrocknete und der Sarg war so dicht, dass keine Tiere die Leiche zersetzen konnten. Merken Sie was? Plötzlich keine Erde mehr, sondern viel Luft aber doch keine Luft, weil der Sarg so dicht war. Egal welche Erklärung herangezogen wird, sie ist nicht schlüssig.
Doch selbst wenn eine wissenschaftliche Erklärung gefunden werden sollte, wie erklärt man, dass alle Nachfahren von Kahlbutz, immerhin 11 Kinder aus seiner Ehe mit Margarete von Rohr und 30 Kinder aus dem Recht der ersten Nacht, also 41 direkte Nachfahren plus alle Kindeskinder und deren Kinder, innerhalb von nur wenigen Jahren nach dem Tode des von Kahlbutz ihm nachfolgten und die ganze Familie Kahlbutz quasi ausradiert wurde?
1783, also 81 Jahre nach dem Tod von Ritter Kahlbutz, starb der letzte Nachkomme, Friedrich Christian Heinrich von Kahlbutz.
Heute ist die Mumie des Ritter Kahlbutz die bedeutendste Mumie Deutschlands, obwohl es genaugenommen gar keine Mumie ist, denn die Leiche hat sich sozusagen von selbst mumifiziert.
Sie können die Leiche des Ritter Kahlbutz besichtigen. Bitte beachten Sie, dass es sich nur um eine sehr kleine Dorfkirche handelt und sich die Öffnungszeiten je nach Jahreszeit ändern.
Bitte informieren Sie sich auf der Webseite des Pfarramtes.
Übrigens, der Ritter Kahlbutz ist gar kein Ritter, wie man ihn sich aus dem Mittelalter vorstellt. Der Beiname Ritter entstand aus seiner Einheit im Militär. So gibt es im Ruppiner Land zahlreiche Rittergüter, die aber erst nach dem Mittelalter und somit nach der Ritterzeit erbaut wurden. Doch das ist eine andere Geschichte.
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