KolumneMeinung

Neuruppin: Hier gelten unsere Regeln, nicht Ihre – oder Wasser predigen und Wein saufen

Neuruppin ist mindestens seit Ende des Krieges eine tiefrote Stadt. Wer hier nicht links oder Sozi ist, ist grün. Der Kreisverband der AfD in OPR hat, gemessen an den Einwohnern, mit die niedrigste Mitgliederzahl überhaupt. Der erste Spruch eines Amtes der Stadt, den ich damals als zugezogener Wessi zu hören bekam: “Hier gilt das, was wir Ihnen sagen und nicht Ihre Gesetze”.

Und so ist es bis heute. Hier wird Wasser gepredigt und Wein gesoffen. Und manchmal wird Wein einfach zu Wasser deklariert.
Vor einigen Jahren überlegte sich die Stadt Neuruppin, wie man den Bürger noch mehr gängeln kann und kam auf eine glorreiche Idee. Auf den Dörfern rings um die Stadt gibt es keine Trottoirs, nur einen grasbewachsenen Streifen entlang der Straßen. Diesen Streifen definierten die Stadtverordneten kurzerhand zu Parkanlagen, stellte damit das Parken auf diesen Flächen unter Strafe und verteilte fortan kräftig Knöllchen. Dass man es mit deutschen Gesetzen auch in diesem Fall nicht so genau nimmt, merkt ja keiner.

Und dann legte man sich, wie so oft, mit einem unbeugsamen Wessi an und stellte ihm über Nacht und ohne jegliche Vorankündigung ein absolutes Halteverbot direkt vor sein Haus. Da ging es nur darum, ihm zu zeigen, wer hier das sagen hat. Doch mit dem Denken haben die vorwiegend roten und grünen Stadtverordneten es nicht sonderlich. So kam es prompt zu einem Beweisfoto. Ein Fahrzeug der Stadt selbst parkt mitten auf einer “Parkanlage” im absoluten Halteverbot und dazu noch verkehrsbehindernd, da der Linienbus hier um die Kurve kommt und weit auf diese Grünfläche ausholen muss.

Eine Rückfrage bei der Stadt brachte das, was es immer bringt, wenn sie wieder einmal erwischt wurde. Man möchte dazu keine Stellungnahme abgeben und mit mir sowieso schon gleich gar nicht sprechen. Das ist Neuruppin in seiner vollen Pracht.

Einige Tage nach meiner Anfrage erklärte die Pressesprecherin der Stadt Neuruppin, Michaela Ott, dass es sich bei dem abgebildeten Fahrzeug um ein Servicefahrzeug der SWN handele, welche Sonderrechte nach §35 Abs. 6 StVO für sich beanspruche. Dieser Paragraph regelt Sonderrechte für Fahrzeuge, welche im Einsatz sind. Bemerkenswert ist sicher die Arroganz des Fahrzeugführers, denn würde er nur eine einzige Fahrzeuglänge weiter vorne in der Hauptstraße stehen, stünde er weder im absoluten Halteverbot mit Behinderung noch auf einer Grünfläche.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei Michaela Ott für meine späte Änderung des Artikels entschuldigen. Da ich normalerweise keine Antworten auf Presseanfragen von der Stadt erwarten brauche, stelle ich Presseanfragen nur mehr aus rhetorischen Gründen, um eine wahrheitsgemäße Berichterstattung zu gewährleisten. Dass in diesem Fall eine Antwort kam, konnte ich nicht vorher sehen und habe die Antwort dann auch schlicht und ergreifend übersehen.